Wasalauf – Vasaloppet

Published by Daniel Hechenblaikner on

Was macht ein Gipfelstürmer wenn er aus diversen Gründen nicht in die Höhe aufsteigen kann?
Er macht Meter zumindest im Flachen und tauscht Höhenmeter zu Distanzen. Eine solche kann jährlich über 90 km beim sogenannten Wasalauf in Angriff genommen werden. Für Ausdauer-Freaks klingelt es wahrscheinlich, denn das ist doch irgendetwas klassisches in Schweden?! Genau, der Wasalauf, schwedisch Vasaloppet, ist wenn nicht DIE größte Skilanglaufveranstaltung der Welt. Seit 1922 wird am ersten Märzwochenende die Strecke von “Sälen” nach “Mora” über 90km im klassischen Stil bewältigt. Die Mittelschwedische Landschaft “Dalarna” wird dann von ca. 16.000 Menschen auf Langlaufskiern im klassischen Diagonalschritt bezwungen.

Info: 
Die klassische Technik hat im Spitzenfeld aber keine Bedeutung mehr, denn schneller als mit Steigwachs ist Mann oder Frau durch bloßes Schieben im Doppelstock-Stil. Durch diese kräfteraubende aber legale Dehnung des Reglements kommen Zeiten jenseits der 4h Marke heraus, die Rekordzeit aus dem Jahr 2021 beträgt unglaubliche 3:28:18h.

Ich durfte heuer (2022) selbst an diesem Klassiker teilhaben. Als interessierter “Hobby”-Langläufer bin ich gerne auf Loipen unterwegs und wenn es die Spur zulässt wechsle ich vom Skating-Ski auf den bewährten Fellski, also von der einen zur anderen Sportart. Aufgrund dieser sportlich-athletischen Voraussetzung und einer heuer fast durchgehenden Möglichkeit in Gnadenwald eine stabile Schneedecke vorzufinden, war eine eher kurzfristige “Möglichkeit” der Teilnahme nur eine Frage der Zeitressourcen. Ich konnte einer bestehenden Gruppe beitreten, die sich als geniale Truppe der glorreichen Sieben herausstellte.

Den Startplatz fixiert begann die Überlegung der Vorqualifikation für eine schnellere Startgruppe. Denn Neulinge müssen sich im großen Starterfeld ganz hinten anstellen, was viel warten im Stau bedeutet. Einer Fortbewegung auf dem eigenen Niveau liegen somit tausende Paar Langlaufstöcke (Poles) im Weg, denn ein Stockbruch ist das Mindeste dem man aus dem Weg gehen will. Somit stand der Ammergauer Skimarathon vulgo König-Ludwig-Lauf als Teil der Rennserie “Ski Classics” im Vorbereitungs-Menü. Dort qualifizierte ich mich für die dritte Startgruppe beim Vasaloppet.

Historische Anmerkung am Rande: 
die Idee des Wasalaufs sollte an die historische Flucht von Gustav I. Wasa auf Skiern vor den Soldaten des dänischen Königs Christian II. erinnern – das war im Jahre 1521, das Motto des Laufes lautet daher „In der Spur der Väter – für die Siege der Zukunft.“ (I fäders spår – för framtids segrar.). Diese Parole befindet sich auf einem Banner über der Ziellinie in Mora.

Um diesen Spruch in der berühmten Zielgasse zu erreichen stand ich also mit wahrscheinlich 15.000 anderen um 8:00 Uhr morgens und bei minus 15° Celsius im Startareal. Dieses ist eben streng nach den Gruppen geteilt und kann mittels der eigenen Startnummer abgeglichen werden. Meine war die “3330” was in der 3. Startgruppe mit ca 1000 anderen für ein besonderes Flair sorgte. Vorneweg stehen die Profis, dann 500 in der ersten Gruppe, 1000 in der Zweiten und so weiter bis ganz nach hinten, was eigentlich schon vor dem Start einen “Rückstand” von über 5min bedeutet.

Gleich nach dem Startschuss geht es den 3km langen Anstieg hoch, der auf den höchsten Punkt (554hm) führt und gleich für die erste steile Überraschung der gesamt 944 Höhenmeter sorgt.
Die vielen Anstiege verteilen sich auf den 90km bis zum Schluss, sodass mit Reserven gut hausgehalten werden muss. Die Wahl und Dosis des Steigwachses spielt im Falle der Entscheidung “mit” zu laufen eine entscheidende Rolle.

Dieser Rolle wurde ich mir in dem Moment bewusst als ich von gefühlt hunderten AthletInnen auf Skating Skiern überholt wurde. Da ich am höchsten Punkt meine relativ beste Platzierung nach 18 Minuten (679) bis ins Ziel (1057) wieder abgegeben habe, nutzte ich die Gelegenheit Schrittstile, Schiebetechniken und das dabei verwendete Material der Vorbeifahrenden zu  studieren. Verdammt viele Skating – oder Doublepoling – Ski waren da dabei, ein Dranbleiben war vor allem in den Abfahrten unmöglich. Doch sich darauf auszureden wäre unfair, denn eine gekonnte Technik von Beinpendel, hoher Hüfte und Ellbogenwinkel will eben umgesetzt werden. Ist diese Ausformung einer Lauftechnik von Haus aus noch unperfekt, so kommt sie spätestens im Wettkampf zum völligen Erliegen, wenn einen der Puls auf Automatismen zurückwirft.

Ehrgeiz und Biss konnten aber nicht davon abhalten die one-way Strecke des berühmten  Skiklassikers zu genießen. Die unübersehbaren Kilometerschilder zeugten zwar permanent von den wahren Situation-Verhältnissen, was aber erst bei -45km für Euphorie sorgt und Gedanken wie “nur noch die Hälfte” oder “was, noch immer 45km” aufpoppen. Spätestens der erste Anblick des Kirchturms von Mora setzt nochmals Energie frei, denn das Ziel ist nahe.

Dort fuhr ich bei 4:48:23 ein was mir die begehrte Goldene Medaille eingebracht hätte. Diese Auszeichnung gebührt allen die unter der 1,5-fachen Siegerzeit bleiben, also heuer um die 5:15h. Leider gibt es dieses schöne Präsent nicht mehr.

Alter Schwede!

Übrigens: 
Frauen waren beim Wasalauf lange Zeit nicht zugelassen. 1923 nahm eine Frau teil, danach wurde der Lauf für Frauen gesperrt! Erst 1981 wurde der “Wahnsinn Wasalauf” für Frauen wieder freigegeben…

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