RIEPENWAND
Alte Nordwest-Wand VI- (V,A0)
Erstbegeher: L.Netzer, K.Aichner,W.Hummel,K.Schuster 1914
Die Riepenwand ist das Wahrzeichen der Kalkkögel. Mit ihrer senkrechten unteren Wandhälfte und der von Rinnen zerklüfteten oberen Wandhälfte ist sie gleichermaßen eindrucksvoll wie schaurig. Wie sich wohl die Erstbegeher Netzer, Aichner, Hummel und Schuster 1914 fühlten, als sie diese Wand durchstiegen? Ihr gewählter Weg ist ein wahrhaft kühner, mit einem Quergang der nur von Mut zeugt.
Da ich diesen Sommer erst anfing in den Kögeln zu klettern/Haken zu schlagen und meine Kletterpartnerin Johanna den Vorstieg derweilen mir überlässt, wollte ich nicht über eine solche Tour nachdenken, um nicht in Verlegenheit zu geraten. Als wir uns dann am 20.09. entschieden noch eine Tour in den Kalkkögeln anzugehen, schickte ich ihr das Topo der alten NW-Wand mit dem Gedanken, falls die Bedingungen passen und wir uns 100% sicher sind, wir sie uns ja mal ansehen könnten. Als andere Option war noch die Mandl-Überschreitung geplant, welche ich schon öfters alleine gegangen bin.
Beim Hinaufgehen trafen wir ein Paar, welches auch die Mandln machen wollte, weshalb wir uns natürlich eher an der Riepenwand orientierten. Als sie dann so in Ihrer ganzen Pracht vor uns stand, waren alle Gedanken an andere Touren verflogen und obwohl die Schlüsselstelle schon von unten als nass erkennbar war, gab es kein Halten mehr. Heute wird es das Fliegerbandl.
Zum ersten Stand war alles noch leicht und lustig, aber danach begann der Ernst. Die Schlüsselstelle war leichter zu bewältigen als gedacht, da der Vorteil an rauem Kalk jener ist, dass er auch Reibung erzeugt wenn er nass ist. Den Stand nach der Länge besserte ich mit einem Zusatzhaken auf, weshalb man hier mit Friend Gr. 4 sogar einen 6-Piece Anker machen kann. Da so was mein Geldbörserl aber im Sommer nicht hergab, waren es nur 5 Ankerpunkte. Auch mehr als ausreichend. Technisch überstieg Johanna die Stelle auch souverän und wir dachten uns: “Jetzt wirds eh nur noch leichter, also eigentlich schon geschafft.“
Wie man sich täuschen kann erfuhr ich dann gleich in der nächsten Länge. In einem Tourenbericht las ich einen Tipp, nicht den Linksschwenker zu machen, sondern auf rechts bei 2 Haken aufs große Band empor zu klettern. Was ich aber nicht wusste, ist, dass es nach den besagten 2 Haken eine leichte Stelle gibt, welche perfekt grauen Fels aufweist, wo man empor kommt. Mein dummes Wesen kletterte einfach ohne Hirn und Verstand bei den 2 Haken gerade hinauf. Hinein in gelben, hellen Fels welcher sich von einem senkrechten Kieswerk nicht unterscheiden ließ. Nach 4 sehr großen Griffen, welche ich ausriss, bekam ich einen Zapfen zu greifen, welcher zwar nicht Vertrauen erweckend war, aber wenigstens einer Belastung standhielt. Als dann mein ganzes Körpergewicht am Zapfen hing, machte ich mir schon kurz Sorgen. Ein Sturz endet im besten Falle mit blauen Flecken 5 Meter tiefer am Band, den schlimmsten Fall male ich mir besser nicht aus. Oben am Band angekommen freute ich mich so sehr wie noch nie über 10 cm Metall. Johanna konnte die Stelle um einiges besser meistern, da ja nur noch feste Griffe vorhanden waren. Meine Psyche aber trug den ersten kleinen Knackser davon.
Nun aber das berühmt berüchtigte Fliegerband. Von den Fehlern der Vorgänger will ja gelernt sein und so rät jeder, den Quergang nicht zu hoch auf der großen Fläche zu beginnen. Diesen Tipp gab ich auch Johanna, ehe ich mich hinein wagte. Ein geschlagener Haken mit Ring dient als erste Sicherung bevor man ums Eck klettert. Nun aber nahm ich diesen Tipp zu ernst und kletterte auf dem kleinen Band, welches für die Füße vorgesehen ist, mit meinen Händen. Die Tritte, welche ich verwendete, waren brutal klein und auch die Griffe ließen viel zu wünschen übrig für einen 5er. In meinem Kopf aber dachte ich mir, es kommt dir nur schwer vor, weils eben ein wenig moralisch ist. Und wie mein Seilpartner Andi immer sagt: “Einfach nit lang überlegen, drüber ziehen über die Stelle und danach findet man oft gleich wieder eine gute Absicherungsmöglichkeit.“ Mit diesen Worten im Kopf kletterte ich gute 8 Meter ohne Zwischensicherung, bis ich einen halbwegs guten Crimp in die Finger bekam. Nun aber realisierte ich zu meinem Erschrecken und zugleich zu meiner Erleichterung, dass 2 Meter ober mir lauter Haken sind. Noch nie habe ich 2 Meter so schnell hinter mich gebracht wie hier, aber als ich dann den Haken einhängte, fiel mir schon ein Stein vom Herzen.
Nun kletterte ich wieder zurück, um Johanna alle Zwischensicherungen einzuhängen und dann wieder in die richtige Richtung, nur dieses Mal einen ganzen Grad leichter. Am Stand endlich angekommen, war zwar die Erleichterung da, dass mir nichts passiert war, jedoch fingen die Sorgen um Johannas Wohlergehen an. “Ob die Haken wohl einen Sturz aushalten?“ Die Frage wurde nicht beantwortet, jedoch wissen wir nun, dass sie als Bodyweight Placement, funktionieren, da Johanna dank kalter Finger 2-3 mal sitzen musste. Am Stand angekommen, überkam uns eine große Erleichterung. Um einiges leichter kletterten wir nun in den oberen Wandteil. Am Fuße der Schlucht sollte man sich für die kleine linke Verschneidung mit Klemmblock entscheiden, denn sie ist sehr griffig und gut absicherbar. Oben angekommen kletterten wir den Rest des Weges zum Gipfel seilfrei.
Nach einer erholsamen Pause am Gipfel, mussten wir uns nun Johannas größtem Nemesis stellen. Schotter. Sie klettert zwar alpin bis in den 6ten Grad im Nachstieg, aber wehe es liegt Schotter im Abstieg. Trotz dieses immensen Problems schafften wir den Abstieg und konnten die Kögel fürs Jahr 2021 sehr gelassen in den Winterschlaf verabschieden.
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